Youtube, Netflix, Tiktok? Mitnichten! Wer Mitte der 80er Jahre modernen und innovativen Englischunterricht abhalten wollte, konnte nur sehr begrenzt auf neue Medien und Methoden zurückgreifen. Pattern Drill im Sprachlabor gab es zwar, die Schülermotivation hierbei ging aber gegen Null. Erste Versuche mit modernen Prüfungsformen gab es auch: per Kassettenrekorder aufgenommene, von starkem Rauschen begleitete BBC-Sendungen als Grundlage für Hörverstehensübungen. Innovativ? Aus damaliger Sicht, ja. Motivierend? Wenig.
Ganz anders dagegen die Idee des früheren Gymnasiallehrers Erich Wasserbauer, einen Schüleraustausch mit den Vereinigten Staaten von Amerika ins Leben zu rufen. Wasserbauers Motivation, Schülern die Möglichkeit zu bieten, den „American Way of Life“ hautnah vor Ort zu erleben, veranlasste ihn, sich beim „German American Partnership Program“ um eine Austauschschule in den USA zu bewerben. Zeitgleich war Chuck Kowzan, Deutschlehrer an der Oak Hills High School Cincinnati, auf der Suche nach einer Partnerschule in Deutschland. Der Zufall wollte es, dass Kowzan, der die Wahl zwischen zwei Schulen hatte, der Kleinstadt Dingolfing gegenüber der Großstadt Hamburg den Vorzug gab, so dass der Austausch Dingolfing-Cincinnati 1985 ins Leben gerufen werden konnte.

Von links nach rechts Charles Kowzan, Eva Schott, Christina Martich, Erich Wasserbauer
Dieses – somit älteste Austauschprogramm Bayerns – feiert heuer 40. Geburtstag: vier Jahrzehnte, in denen Schüler und Lehrkräfte vertiefte Einblicke in das jeweilige Gastland gewinnen durften und unzählige, jahrelange Freundschaften entstanden sind. Grund genug, am diesjährigen Independence Day, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag am 4. Juli, dieses Jubiläum gebührend zu würdigen. Unter dem Motto „Dingcinnati Fair“ finden sowohl amerikanische als auch bayerische Aktionen an der Schule statt – ganz im Zeichen der deutsch-amerikanischen Freundschaft. Gerade in den derzeit politisch unsicheren Zeiten ist die langjährige Verbindung beider Schulen, sind die privaten Freundschaften, die über vier Jahrzehnte gewachsen sind, Gold wert.
Erich Wasserbauer durfte das vierzigjährige Jubiläum leider nicht mehr erleben, doch Generationen von Schülern sind dankbar für sein enormes Engagement hinsichtlich der Etablierung und jahrelangen Durchführung des Austauschprogramms. Chuck Kowzan hingegen, mit Wasserbauer Pionier der ersten Stunde, wird dem Gymnasium Dingolfing die Ehre erweisen, persönlich anwesend zu sein! Zeitgleich befindet sich auch die Schülergruppe des diesjährigen Austauschprogramms mit ihren Begleitlehrkräften vor Ort.
Ein Sprachlabor gibt es nicht mehr, die Tonqualität von Hörverstehensübungen ist heute nahezu perfekt, aber der persönliche Austausch ist nach wie vor unschlagbar. In diesem Sinne freut sich bereits die gesamte Schulfamilie des Gymnasiums auf den Besuch der Gäste.
Elisabeth Ringlstetter
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